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Irgendetwas ist kurz darauf geschehen, etwas Einschneidendes. Denn schon im Juli 1920 ? als nur knapp fünf Monate, nachdem sie gemeinsam das Haus erworben hatten - trennten sich ihre Wege. Die beiden Gebäude wurden wieder geteilt: Louis Stein, dessen Gesundheit angegriffen war, vermietete Haus und Geschäft an seinen Sohn Albert, der ihm dafür monatlich 500 Reichsmark Miete bezahlte ? ein wahres Schnäppchen angesichts der Lage und des Ansehens, den das Geschäft in St. Wendel genoß. Josya Jacob verließ die GmbH und wandelte das ehemalige Kontor mit Front und Ausgang zur Luisenstraße in das Schuhgeschäft Jacob um (später Schuhhaus 1, heute Luisenstraße 49). Jacob verließ St. Wendel im Juli 1934 und zog mit seiner Familie nach Frankreich. Nach dem Krieg wohnte er in Saarbrücken, wo er 1968 gestorben ist.

 

Louis Stein, der sich 1920 zur Ruhe gesetzt hatte, starb 1932 in St. Wendel und wurde auf dem jüdischen Friedhof oberhalb Urweiler begraben; sein Nachfolger im Geschäft wurde der Kaufmann Jakob Fremgen aus dem pfälzischen Steinwenden. Am 8. November 1934 eröffnete er seine "Manufaktur für Kurz-, Woll-, Weisswaren und Textil". Neuer Eigentümer des Hauses wurde Fremgen aber zunächst noch nicht. Steins Witwe Mathilde teilte sich mit ihrem zweiten Sohn Rudolf Stein, einem angesehen St. Wendeler Rechtsanwalt, den ersten Stock des Hauses (die beiden Stockwerke darüber waren fremdvermietet), bis Ende 1933, der Machtergreifung der Nazis, seine Praxis repaide durch die gegen die Juden betriebene Hetze zurückging.

 

Er entschloß sich daher, da er die von den Nazis ausgehende Drohung klar erkannte, im Jahre 1934 seine Praxis zu schließen und nach Strassbourg zu ziehen. Dort bereitete er das Nachkommen seiner Mutter vor, die ihm kurze Zeit später dorthin folgte.

 

Für diesen Entschluß, das Saargebiet zu verlassen und nach Frankreich auszuwandern, für den sonst überhaupt kein vernünftiger Grund ersichtlich ist ? Frau Stein und ihre Kinder hatten keinerlei Angehörige und auch sonst keine Verbindungen in Frankreich ? war ausschließlich die Besorgnis vor den durch die Nazis drohenden Gefahren und Zwangsmaßnahmen maßgeblich.

 

Albert Stein, der älteste Sohn, blieb noch einige Zeit länger in St. Wendel, da er sein Geschäft verkaufen mußte, hatte aber auch schon seinen Rückzug nach Frankreich vorbereitet. Er hatte nämlich in Strassbourg eine Wäschefabrik eingerichtet, die er durch Angestellte führen ließ. Nachdem er sein Geschäft liquidiert hatte, zog er 1935 ebenfalls nach Strassbourg in Frankreich.

 

Im Jahre 1935 trat der jüdische Kaufmann Oskar Haas aus St. Wendel, der fast alle Häuser in St. Wendel vermittelte, an das Ehepaar Fichtenmayer in St. Wendel heran, da er wußte, daß Fichtenmayers Geld hatten und den vermutlichen Kaufpreis in bar bezahlen konnte. Dr. med. Georg Fichtenmayer war praktischer Arzt in St. Wendel und wohnte mit seiner Ehefrau Christine Hein in der Wendalinusstraße. Eigentlich hatten beide an dem Kauf des Hauses zunächst kein Interesse, da sie selbst Besitzer eines schönen Hauses in St. Wendel waren. Haas sprach noch mehr als zwanzig mal bei den ihnen vor, forderte jedesmal einen höheren Kaufpreis, bis die sie schließlich die Verhandlungen mit Haas abbrachen und die Witwe Stein bzw. deren Sohn Albert in Strassbourg anriefen und fragten, was das Haus nun eigentlich kosten würde. Der Sohn Albert verlangte als Kaufpreis einen Betrag von 48.000 Mark, wobei er noch Maklergebühren bezahlen würde. Mit diesem Kaufpreis das Ehepaar Fichtenmayer einverstanden und erklärte sich zu dem Kauf des Hauses bereit, da sie in erster Linie der Klägerin, in Hinblick auf ihre damalige Lage, helfen wollten. Nach diesem telefonischen Anruf vereinbarten die Parteien eine Zusammenkunft in Forbach, wo dann der Kaufvertrag besprochen und eine Einigung erzielt wurde. Der Kaufpreis wurde auf 48.000 Reichsmark festgesetzt.

 

Der Vertrag wurde am 31. Januar 1936 vor dem St. Wendeler Notar Rudolf Jochem geschlossen. Die Witwe Stein trat dabei nicht selber in Erscheinung, sondern ließ sich durch den Rechtsanwalt Bernhard Riegler in Saarbrücken vertreten. Der Gesamtbetrag ging bar an den Notar, der für die Überweisung an die Verkäufer Sorge trug.

 

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